Verbund-Vorhaben: Reststoffverwertung im Straßenbau

Ansprechpartner: Prof. Dr.-Ing. Martin Radenberg

Im Jahr 1995 fielen in der Bundesrepublik Deutschland insgesamt ca. 183 Mio t industrielle Nebenprodukte und Recycling-Baustoffe an. Davon wurden im selben Jahr etwa 55 % verwertet. Mit dem Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz vom September 1994, das im Oktober 1996 in Kraft getreten ist, hat die Bundesregierung ihren politischen Willen zum Ausdruck gebracht, die Verwertungsraten weiter zu steigern. Für den Straßenbau bedeutet dies auch, die anfallenden Reststoffe auf einem hohen bautechnischen Niveau zu verwerten.

Zu den Recycling-Baustoffen zählen auch pech-(teer-)haltige Straßenausbaustoffe. Bei der Wiederverwendung dieser Materialien tritt allerdings das Problem auf, dass es sich hier zwar einerseits um gut verwendbare Baustoffe handelt, andererseits diese jedoch große Mengen an polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK) enthalten. Einige der PAK gelten als sicher karzinogen, also krebserzeugend oder -begünstigend, bei einigen anderen ist zumindest der begründete Verdacht gegeben. Eine Wiederverwendung dieser Materialien setzt also eine weitgehende Immobilisierung der Schadstoffe voraus.

Im Zuge des Verbund-Vorhabens „Reststoffverwertung im Straßenbau” beschäftigen sich mehrere Teilvorhaben mit diesem Themenkomplex. Drei dieser Teilvorhaben werden am Institut für Straßenwesen und Eisenbahnbau der Ruhr-Universität Bochum bearbeitet.

1. Langzeitverhalten kaltgebundener Tragschichten

Im Jahr 1997 fielen in der Bundes-republik Deutschland insgesamt ca. 180 Mio. t in-dustrielle Nebenprodukte und Recycling-Baustoffe an, von denen im selben Jahr etwa 60 % verwertet wurden. Zu den Re¬cycling-Baustoffen zählen im Bereich des Straßenbaus auch
die pechhaltigen Stra¬ßenausbaustoffe, bei deren Verwer¬tung jedoch beachtet werden muß, daß sie höhere Anteile an PAK (polyzyklischen aro¬matischen Kohlenwasserstoffen), aber auch Phenole enthalten. Die Wiederverwen¬dung pechhaltiger Materialien setzt eine weitgehende Immobilisierung der Schad¬stoffe durch eine Einbindung voraus. Der weitaus größte Anteil wird kalt gebunden verwertet. Als Bindemittel werden Zement, Bitumenemulsion oder eine Kombination aus beiden verwendet.
Ziel des Projektes war es, das Verhalten von Tragschichten aus pechhaltigen Stra-ßenausbaustoffen nach mehrjähriger Verkehrsbeanspruchung zu untersuchen, die unter Verwendung dieser Bindemittel hergestellt worden waren.
Dazu wurde an sechs Strecken die Ebenheit in Längs- und in Querrichtung sowie die Tragfähigkeit mit dem Benkelman-Balken untersucht. Außerdem wurden Proben aus den pechhaltigen Schichten, den Schichten ohne Bindemittel und teilweise den Sickerwässern entnommen.
An den pechhaltigen Schichten wurden der Wasserdurchlässigkeitsbeiwert und die Druckfestigkeit bestimmt. Sowohl an den pechhaltigen Materialien als auch an den Proben aus den Schichten ohne Bindemittel wurden die PAK-Gehalte nach EPA im Feststoff ermittelt. Die mobilisierbaren PAK-Anteile wurden nach Auslaugung mit dem Trog- bzw. mit dem modifizierten DEV S4 Verfahren sowie an den entnomme-nen Sickerwässern festgestellt. Außerdem wurden noch der Phenolindex und einige weitere chemische Parameter bestimmt.
Die Ergebnisse des Forschungsvorhabens zeigen, daß sich die Bauweisen nach Liegezeiten von acht bis zehn Jahren bewährt haben. Bautechnisch sind sie ver-gleichbar mit den Regelbauweisen. Dies gilt uneingeschränkt für die Felder mit EHGT und mit HGT und mit leichten Einschränkungen für das EGT-Feld, da dies nicht eindeutig bewertbar ist. Auch wasserwirtschaftlich ist keine Gefährdung zu er¬warten.
Eine Verwendung von pechhaltigen Straßenausbaustoffen in Tragschichten, die mit Zement und/oder Bitumenemulsion als Bindemittel im Kaltverfahren hergestellt wer-den, ist somit auch in Bezug auf das Langzeitverhalten sowohl aus bautechnischer als auch aus wasserwirtschaftlicher Sicht unkritisch.


2. Erarbeitung eines Bewertungshintergrundes für PAK- und Phenolauslaugung im Trogverfahren

Im Rahmen des Verbundvorhabens TV 1, Teil B, sollte ein Bewertungshintergrund erarbeitet werden, um das Auslaugeverhalten von gebundenen pechhaltigen Stra-ßenausbaustoffen abschätzen zu können. Die Auslaugung von insgesamt sieben unterschiedlich hoch belasteten pechhaltigen Straßenausbaustoffen wurde dabei mit dem Trogverfahren durchgeführt. Das Trogverfahren hat gegenüber anderen Verfah-ren vor allem den Vorteil, dass Untersuchungen an ungebundenen und gebundenen und Materialien möglich sind. Damit kann beispielsweise der Einfluß des Bindemittels und der Verdichtung auf das Auslaugeverhalten quantifiziert werden.
Die Laboruntersuchungen gliederten sich in bautechnische Eignungsprüfungen und in chemisch-analytische Untersuchungen am Feststoff und am Eluat. Zur Herstellung der Eluate der ungebundenen Granulate kam zur Vergleichbarkeit der Auslaugeer-gebnisse neben dem Trogverfahren auch das modifizierte DEV S4 Verfahren zur Anwendung. Die mit der in der Eignungsprüfung ermittelten Rezeptur hergestellten Probekör¬per wurden nur mit dem Trogverfahren eluiert.
Die Bandbreite der unterschiedlich hohen PAK-Gehalte der sieben untersuchten Granulate deckte weitgehend die unterschiedlichen in der Praxis auftretenden Bela-stungen von Straßenausbaustoffen ab.
Die Untersuchungen weisen aus, dass eine Abhängigkeit zwi¬schen dem PAK-Gehalt im Feststoff und dem durch Elution mobilisierbaren PAK-Anteil dann kaum herzu-stellen ist, wenn ausschließlich die Gesamtgehalte betrachtet werden. Von höherer Aussagekraft sind dagegen Betrachtungen der Einzelkomponenten, da die Löslich-keiten der 16 PAK-Einzelverbindungen nach EPA sehr unterschiedlich sind.
Bezüglich des Schadstoffrückhaltes durch die Einbindung zeigt sich, dass offensicht-lich die höhermolekularen PAK-Verbindungen prozentual besser immobilisiert wer¬den (bis zu zwei Zehnerpotenzen). Aber auch die Eluatkonzentrationen der nieder-molekularen Verbindungen werden durch die Einbindung z. T. sehr deutlich redu¬ziert.
Bei Betrachtung der gesamten PAK-Konzentrationen der gebundenen Probekörper im Trogeluat in Abhängigkeit vom PAK-Gehalt im Feststoff fällt auf, dass bei PAK-Gehalten über 1000 mg/kg der in den RuVA-StB 01 vorgeschlagene Eluatgrenzwert von 0,03 mg/L überschritten wird.
Das bedeutet jedoch nicht, daß pechhaltige Straßenausbaustoffe mit PAK-Gehalten über 1000 mg/kg nicht mehr gefahrlos eingebunden werden können. Die aus den Ergebnissen abzuleitende Empfehlung lautet vielmehr, daß bei höheren PAK-Gehalten die im Rahmen der Eignungsprüfung durchgeführte Gemischoptimierung neben einer bautechnischen Verbesserung auch zu einer Reduzierung der Eluier-barkeit führen sollte (z. B. durch Verringerung des Hohlraumgehaltes). Dazu müssen jedoch die Elutionsversuche Bestandteil der Untersuchungen an den Varianten einer Eignungsprüfung werden, um Abhängigkeiten der Eluierbarkeit von der Gemischzu-sammensetzung herausstellen und optimieren zu können.


3. Schaumbitumen als Bindemittel für Asphalttragschichten aus pechhaltigem Straßenaufbruch und industriellen Reststoffen

Diese Arbeit wird durchgeführt in Kooperation mit :
STRABAG Straßen- und Tiefbau AG, Köln
DEUTAG AG, Köln
Wirtgen GmbH, Windhagen

Die Verwendbarkeit von Schaumbitumen als Bindemittel für Tragschichten sollte so-wohl für die Bindung von pech-(teer-)haltigem Straßenaufbruch (PSA) als auch von Recycling-Baustoffen (RC), von Hausmüllverbrennungsaschen (HMV-Asche) und von Gießereirest¬san¬den (GRS) nachgewiesen werden. Damit soll die Verwertung dieser Reststoffe im Stra¬ßenbau qualitativ hochwertiger und aus Sicht des Gewäs-serschutzes verträglicher er¬folgen.
Bei der Herstellung von Schaumbitumen wird Wasser und Druckluft mittels einer Düse so in heißes Bitumen eingespritzt, daß bei der Verdüsung das Bitumen vorü-bergehend in Schaum verwandelt wird. Die Entwicklung einer Schaumbitumenanlage im Technikumsmaßstab erfolgte auf der Basis des Verfahrens der Mobil Oil Australia Ltd.. Mit dieser An¬lage wurden die Randbedingungen bei der Produktion von Schaumbitumen (Temperatur des Bitumens, Düsenöffnungen, Menge des Wasser-dampfes, gegebenenfalls Zugabe von Additiven usw.) variiert und opti¬miert. Die geeignete Art der Verdichtung zur Probekörper¬herstellung war ebenfalls zu ermitteln.
Im Rahmen von erweiterten Eignungsprüfungen wurden, neben dem üblichen Marshall-Versuch zur Bestimmung des optimalen Bindemittelgehaltes, noch Spalt-zugver¬suche und Druckschwellversu¬che durchgeführt. Zusätzlich war die Quellung und der Frostwiderstand zu er¬fassen.
Bei der Herstellung und Prüfung der Asphaltgemische wurden alternativ folgende Mine¬ralstoffe eingesetzt: PSA, RC, HMV-A sowie PSA + GRS.
Die wasserwirtschaftliche Verträglichkeit der zu untersuchenden Materialien wurde mit dem Trogverfahren geprüft. Um den Erfolg der Einbindung von Schadstoffen mit Schaumbitumen belegen zu können, war vorgesehen, die Mineralstoffe sowohl in unge¬bundener als auch in gebundener Form zu untersuchen.
Die Erfahrungen mit der im Technikumsmaßstab optimierten Anlage wurden in die Kon¬struktion und den Bau einer großtechnischen Schaumbitumenanlage übertragen. Die praktische Erprobung des Verfahrens wurde durch Versuche in situ überprüft. Dabei wur¬den die Gleichmäßigkeit der Produktion und die Qualität des Mischgutes in Laborversu¬chen ermittelt.
Zur Ermittlung der Einbaubedingungen sowie der Schichteigenschaften wurde das Misch¬gut in Versuchsstrecken eingebaut.
Mit Hilfe der gewonnenen Forschungsergebnisse können grundlegende Aussagen zu den Bedingungen der Verwertbarkeit von pechhaltigem Straßenaufbruch, Recycling-Baustof¬fen, HMV-Aschen sowie Gießereirestsanden in Tragschichten mit Schaum-bitu¬men als Bindemittel getroffen werden, die als Grundlage für die Aufstellung eines Re¬gelwerkes für diese Bauweise dienen.
Ein deutlicher Vorteil in puncto Energieeinsparung konnte bei dem Schaumbitumen-Ver¬fahren nachgewiesen werden.